Am Sonntagmorgen bringe ich die restlichen aussortierten Bücher zum Bücherschrank. Ich warte, während eine ältere Dame sich Bücher aussucht. Sie grüßt sehr freundlich, und wir wechseln ein paar Worte. Dann sortiere ich meine Bücher ein. Später sehe ich eine Ankündigung, dass auf dem Platz ein größerer, „offizieller“ Tauschschrank aufgestellt werden soll. Eine gute Idee, denn die ausrangierte Telefonzelle, die wir zur Zeit nutzen, platzt aus allen Nähten.

Auf dem Weg sehe ich, dass die Forsythie neben der Tankstelle blüht. Der Flieder wurde leider, wie auch der Schlehenbusch am See, abgeholzt.

Gänse fliegen, und die Krähen, die ich für die heimlichen Herrscherinnen des Viertels halte, krächzen laut. An einem Gedenkstein mit vier Namen stehen Tulpen. Anderswo hat die Menschheit die Abfälle der letzten Nacht liegen lassen. Jemand muss mehrere Beutel Orangen in der Straße verteilt haben. Warum tut man so etwas? Ich hoffe, die Krähen mögen Orangen. Oder ein Bettler braucht ein paar Vitamine und liest die besseren Früchte auf. Denen, die nicht betteln müssen, scheint es immer noch zu gut zu gehen. Vielleicht ist es aber auch ganz anders, vielleicht sind die Orangen einem schlecht beladenen LKW von der Ladefläche gefallen.

Nachdenken über Freund B und seinen Ausspruch: „Meine Schwestern können nicht für ihr Recht auf die Straße gehen. Wir müssen das für sie tun.“ Mit „wir“ meint er: Brüder, Väter, Ehemänner. (Und sie tun es, es gibt Beispiele wie die Väter auf dem Land, die ihre Töchter zur Schule begleiteten, oder der Universitätsprofessor, der sich für seine Studentinnen einsetzte und dafür inhaftiert wurde.)

Die Frage ist für mich hier nicht, was die Frauen in Afghanistan hindert, sondern warum Freund B meint, es sei seinen Schwestern unmöglich, für ihr Recht zu kämpfen. Ist es sein Selbstverständnis als Paschtune, der die Frauen seiner Familie auf eine Art zu schützen versucht, die uns im Westen schwer verständlich ist?

Der blutjunge Trainee verlangt zu wissen, warum die Akten noch nicht geschlossen sind. Zwei Auslandsregresse, einer davon mit einem Geldeingang, der sich nicht verbuchen lässt, eine Rückforderung an einen Kunden, der verlangte Unterlagen nicht eingereicht hat. Er wünscht sie umgehend mit mir zu besprechen, weil er die Akten schließen möchte. Es sind meine Akten, ich sage ihm, dass ich sie mir anschauen und zu gegebener Zeit schließen werde. Es reicht übrigens, dass er mir eine Mail schreibt wegen der noch offenen Akten. Er will aber wegen jeder Akte wie ein Hündchen vor meinem Schreibtisch aufkreuzen, denn ein Gespräch ist doch „viel persöööönlicher“. (Ich will aber gar nicht „persöööönlich“ werden, ich habe keine Zeit, Rückenschmerzen, und außerdem kann ich den Trainee nicht leiden, der ein BWLer ist und sich auch so benimmt.)

Die kleine blaue Tasse schmiegt sich mit ihrem runden Bauch in meine Handfläche. Den Kaffee trinken, solange er heiß ist. Anderswo sehe ich ein Foto von einem Tempel und muss an eine Kathedrale denken, noch bevor ich überhaupt begreife, was auf dem Bild zu sehen ist. Haben Gotteshäuser also überall ein ähnliches „Flair“?

Freund B liebt seine Frau, das hat er mir schon zu Anfang unserer Bekanntschaft erzählt, mehr als sein Leben. Dabei wurde die Ehe arrangiert. Treibende Kraft und maßgeblich für die Entscheidung für seine Braut war übrigens seine Mutter. Er schickt mir ein neues Foto seiner kleinen Tochter. Diese Mal hat sie sogar die Augen offen, und es sind wunderschöne Augen.

Jemand macht mir ein Kompliment: Ich sage nicht, du seist hübscher als tausend andere, denn ich vergleiche dich gar nicht mit tausend anderen.

Fragen 201 – 210

201. Welches legendäre Fest wird dir in Erinnerung bleiben? Vielleicht die Hochzeiten meiner Cousinen. Jede anders schön.

202. Wie gut kennst du deine Nachbarn? Wie man sich eben in einem Hochhaus kennt. Einerseits gibt es einen regelrechten Dorftratsch, andererseits macht jede*r auch leicht die Tür hinter sich zu.

203. Hast du oft Glück? Ich habe eigentlich immer viel Glück gehabt, wenn ich mich mit manch anderer vergleiche.

204. Von welcher Freundin unterscheidest du dich am meisten? Von Freundin R, die aber gleichzeitig die ist, die ich am häufigsten sehe.

205. Was machst du anders als deine Eltern? Einerseits ziemlich alles, andererseits falle ich doch auf gewisse Muster zurück.

206. Was gibt dir neue Energie? Bewegung an der frischen Luft. (Gerade komme ich von einem Spaziergang durch den Regen zurück.)

207. Warst du in der Pubertät glücklich? Ich glaube nicht.

208. Wann hast du zuletzt eine Nacht durchgemacht? Hatten wir die Frage nicht schon einmal? Es ist auf jeden Fall lange her.

209. Womit beschäftigst du dich am liebsten in deinen Tagträumen? Ich tagträume selten, früher war das anders, aber das Leben ist anstrengend geworden. Es bleibt wenig Zeit für Träumereien.

210. Blickst du oft um? Ich weiß nicht, ob ich das überdurchschnittlich oft tue. Was genau meint diese Frage?

Fragen 191 – 200

(Diese 1000 Fragen arten ja schon irgendwie in Arbeit aus.)

191. Wie unabhängig bist du in deinem Leben? Weniger, als ich selbst glauben möchte.

192. Ergreifst du häufig die Initiative? Das kommt sehr auf die Situation an. Beruflich ja, privat eher weniger.

193. An welches Haustier hast du gute Erinnerungen? An alle, außer an die Fische meines Bruders. Die fand ich langweilig. Wobei mir die Nicht-Haustiere meist lieber waren: Rinder und Pferde habe ich geliebt. Mit Schweinen und Schafen ist das allerdings schwieriger, denen gibt man, soweit mir bekannt ist, ja auch keine Namen.

194. Hast du genug finanzielle Ressourcen? Nach derzeitigem Stand ja, aber wer weiß, was da noch kommen wird.

195. Willst du für immer dort wohnen bleiben, wo du nun wohnst? Nein. Sobald ich in Rente bin, ziehe ich wieder um.

196. Reagierst du empfindlich auf Kritik? Ja, und kürzlich habe ich auch eine interessante Theorie gelesen, warum manche Menschen empfindlicher auf Kritik reagieren als andere. Ich könnte sie aber nur sehr vereinfacht erklären, deshalb lasse ich es an dieser Stelle bleiben.

197. Hast du Angst vor jemandem, den du kennst? Da fällt mir im Moment keine*r ein.

198. Nimmst du dir oft Zeit für dich selbst? Eigentlich ja, aber derzeit nicht in der Form, die ich mir wünschen würde.

199. Worüber hast du dich zuletzt kaputtgelacht? In letzter Zeit hatte ich nicht viel zu lachen.

200. Glaubst du alles, was du denkst? Um Gottes willen, nein! Man ist so entsetzlich fehlbar.

Anderswo

Die Toten von Crotone (italienisch)

Was ist denn wohl eine Radelgalerie, habe ich mich gefragt.

Trans Menschen, die Eltern werden.

Afghanische Sportlerinnen gegen die Taliban.

Neues vom Afghanischen Frauenverein

Pilar Montoya Manzano hatte nicht nur einen, sondern zwei Bühnennamen „La Gorda“ (Die Dicke) und „La Faraona“ (Die Pharaonin), und ein Journalist sagte einmal, sie mache beiden Namen Ehre. Hier ein Ausschnitt aus einem Bühnenstück ihrer Schwester, die ebenfalls in dem Video zu sehen ist.

Fragen 181 – 190

Eigentlich sind mir die 1000 Fragen schon langweilig geworden. Andererseits sind sie ein einigermaßen zuverlässiges Mittel, um einzuschlafen

181. Füllst du gern Tests aus? Sind die 1000 Fragen nicht auch eine Art Test? Gibt es diese Persönlichkeitstests in Frauenzeitschriften noch? Als Teenie habe ich die ja mit Begeisterung gemacht. Guilty pleasures.

182. Würdest du gern in eine frühere Zeit zurückversetzt werden? Mit dem Wissen von heute? Vielleicht wären damit frühere Zeiten schwer zu ertragen.

183. Wie egozentrisch bist du? Ich blogge, ich beantworte mir 1000 Fragen über mich selbst – was denken Sie denn?

184. Wie entspannst du dich am liebsten? Im Wasser.

185. Fühlst du dich manchmal ausgeschlossen? On the outside, looking in…

186.Worüber grübelst du häufig? Über das Leben. Genauer wollen Sie das nicht wissen, glauben Sie mir.

186. Wie siehst du die Zukunft? Sie macht mir Sorgen. Weniger meine individuelle Zukunft, ich komme schon irgendwie durch, aber die Zukunft der Menschheit, unserer Erde…

187. Wann bist du deinem Partner zuerst aufgefallen? Meinem Ex? Beim Salsatanzen. (Man möchte es nicht glauben.)

188. Welchem Familienmitglied ähnelst du am meisten? Äußerlich? Einer Ururgroßmutter.

190. Wie verbringst du am liebsten deinen Abend? Es scheint so lange her, dass ich Abende „verbracht“ habe. Zur Zeit bin ich nur noch müde…