Ich weiß nicht, wann auch in tieferen Lagen Schnee fallen wird, deshalb nutze ich den Sonntagvormittag, um noch einmal den Lieblingsweg zu gehen. Dieses Mal biege ich jedoch in Richtung Waldhöfe und Grund ab. An den Waldhöfen steht ein Bank in der Sonne, da mache ich Rast. Es ist windig, aber die Sonne scheint. Die Kombination aus meinem dünnen Pullover aus Unizeiten und einem Fleece-Hoodie hält ausreichend warm; für alle Fälle habe ich aber noch meine graue Jacke dabei, die der feine kleine Herr beim letzten Mal für einen Trachtenjanker gehalten hat. Der feine kleine Herr war heute nicht zu sehen. Allerdings hatte mein Zug Verspätung, so dass ich den Herrn möglicherweise schlicht verpasst habe.
Grund lag heute in der Sonne und schien weit weniger unheimlich. Vielleicht habe ich mich aber auch nur daran gewöhnt. Wieder einmal bleibt mein Auge an einem Namen auf der Gedenktafel hängen: Sepp, Bauer am Rain. War der Familienname nicht bekannt? Es gibt anderswo Höfe, die mehrmals den Besitzer gewechselt haben, und deren Bewohner beim Namen eines früheren Hofbesitzers oder aber gleich beim Hofnamen genannt werden. Wie das aber im Landkreis Miesbach gehandhabt wird, weiß ich nicht. Dieser Landstrich ist mir fremd (und trotzdem ist er mir ans Herz gewachsen, obwohl ich das nie wollte). Ein Waldhofer war übrigens auch bei dem Angriff auf den Jäger dabei.
Auf den meisten Weiden steht kein Vieh mehr. Ich sehe einen Bussard und rieche einen Fuchs.
Kurz vor der Kläranlage will ich eigentlich in den Wald abbiegen, um diese Gmunder Riechenswürdigkeit zu umgehen, aber der Weg ist heute gesperrt. Ich probiere es mit der nächsten Abzweigung. Auf der Karte ist sie nicht eingezeichnet, aber das Handy hilft. Der Weg ist landschaftlich schön, aber wohl kein offizieller Wanderweg. Er ist nass, sumpfig und mit Holzprügeln bedeckt, was das Einsinken im weichen Boden verhindert. Eine Zeitlang gehe ich oberhalb der Mangfall, dann endet der Weg an einem steilen Abhang. Steil heißt in diesem Fall, dass ich die letzten Meter auf meinem Hintern hinunterrutsche. Ich hoffe, dass mich keiner gesehen hat, aber wenn doch: ich bin bekanntermaßen eine komische Alte, was man auch inzwischen sieht, deshalb ist es nicht so schlimm. Ein gewisses Alter und ein dezenter, wenn auch manifester Irrsinn verleihen Freiheit.