03.03.2022

Heute hätte meine Großtante G, das Fräulein Doktor der Volkswirtschaft, Geburtstag.

In diesen Tagen, unter dem Eindruck des Angriffs auf die Ukraine, muss ich häufig an Federico García Lorca denken.

„Man kann nicht tiefer fallen als in Gottes Hand“ sagte Margot Kässmann. Meiner Erfahrung nach zieht Gott die Hand manchmal auch einfach weg. Übrigens, die Kriegsopfer, Hungernden, Obdachlosen dieser Welt hätten sich über eine schützende, bewahrende Hand auch gefreut.. Da ziehe ich Ernst Wiechert vor, der davon spricht, was passiert, wenn Gott einmal die Hand auf den Tisch stützt, nämlich nichts Gutes. Wenn Sie es selbst nachlesen wollen: es steht in „Die Jerominkinder“.

Als ich zur Mülltonne gehen will, steht die Dame aus Odessa völlig verwirrt vor der Nachbarwohnung und will aufschließen. Ich schaffe es nicht, ihr zu erklären, dass sie im ersten Stock wohnt und nicht im Dritten. Schließlich hole ich die russische Nachbarin zu Hilfe, aber trotz gemeinsamer Sprache kommen sie nicht zueinander. Ein anderer Nachbar, ehemaliger Altenpfleger, klemmt sich die Dame aus Odessa schließlich unter den Arm und gemeinsam geleiten wir sie die Treppe hinunter. Seltsam, bisher hatte ich sie nicht als verwirrt in Erinnerung. Vielleicht ist das alles ein bisschen viel für sie. In ihrer Wohnung läuft eine ukrainische Fernsehsendung, die nach Talkshow aussieht. Da Herr M, der ehemalige Altenpfleger, Besorgnis geäußert hat, werfe ich einen kurzen Blick in die Wohnung. Nichts ist verwahrlost, die Medikamente ordentlich auf einem Tablett aufgereiht. Vielleicht ist es nur eine momentane Verwirrung gewesen. Ich werde in der nächsten Zeit ab und zu nach ihr sehen.

Freund B, dem Wirtschaftswissenschaftler, erzähle ich vom Fräulein Doktor der Volkswirtschaft. Die kleine Münze der Völkerverständigung, vielleicht bewirkt sie etwas.

Weihnachten mit Herrn Karzai

Hamid Karzai, der ehemalige afghanische Präsident, hat auf Twitter denen, die es feiern, ein frohes Weihnachtsfest gewünscht. Das ist sehr nett und sehr höflich von Herrn Karzai, der bekanntermaßen Moslem ist. Ich schäme mich, denn ich wüsste nicht unbedingt, wie die Feste im Islam fallen und wie auf anständige Weise Glückwünsche zu formulieren wären.

Karzai ist für diese höfliche Geste heftig kritisiert worden. Bevor Sie jetzt über die bösen Muslim*innen schimpfen, denken Sie ein bisschen zurück. Ist nicht in den letzten Jahren oft Kritik laut geworden, wenn jemand nur versucht hat, dem Islam etwas Positives abzugewinnen?

Jede Religion hat vermutlich ihre schwarzen Seiten, und ich glaube, als Christ*innen sind wir am allerwenigsten in der Position, anderen etwas vorzuwerfen. Aber nicht einmal das Goldene Zeitalter von Al-Andalus war ein Paradies.

Heute könnten wir es besser wissen. Die Vergangenheit ist da und beeinflusst uns bis heute. Das ist nicht zu ändern und in manchen Fällen auch gut so. Ich bin sehr für interreligiöse Zusammenarbeit, aber wenn Sie sich gar nicht damit anfreunden können, dann grüßen Sie Ihre anders religiösen Nachbar*innen wenigstens. So, wie es Karzai gemacht hat. Es war eine höfliche Geste, die man guten Gewissens bei der nächsten Gelegenheit erwidern darf.

Anderswo

Christ*innen wie ich können hier natürlich wieder nicht mithalten. (Gefunden auf Twitter unter dem Hashtag #Chanukkakitsch. Ich würde ja sagen, wenn ich richtig alt bin, möchte ich sein wie sie, aber mit einem Weihnachtsbaum ist das leider nicht so lässig.

Und alle Götter finden das gut.

Wie konnte Kabul so leicht eingenommen werden? Dieser Artikel versucht es zu erklären.

Herr Hauptschulblues kann auch Pandemiespaziergänge

Der sehr geschätzte Lebrijano („der aus Lebrija“) mit einer Bulería.